ENTSCHEIDEND IST, WER ENTSCHEIDET

Entscheiden als daily dilemma für Führungskräfte

Für den Erfolg und das Wohlergehen in der Führung sind Qualität, Art und Zustandekommen der Entscheidungen entscheidend. Es ist besser, Entscheidungen zu treffen als von Entscheidungen getroffen zu werden. Darüber sind sich alle einig. Doch wie geht das: Entscheidungen treffen? Die dann von den Betroffenen akzeptiert, verstanden und auch umgesetzt werden? Sodass keine Kluft zwischen „oben“ und „unten“ entsteht wie so oft, sondern ein Klima gemeinsamer Aufgabentreue, geordneter Verantwortungsübernahme und fachlicher Zuordnung der Einzellaufgaben im Sinne des Ganzen.

Viele Führungskräfte meinen, wenn sie eine bestimmte Stufe der Leiter (Gruppenleiter, Abteilungsleiter, Projektleiter, Bereichsleiter, Geschäftsführer) erklommen haben, dass es ihr Job sei,

1. die gewonnene Verantwortung als funktionale „kalte“ Macht auszuleben („Ober sticht Unter!“),
2. von nun an alle Entscheidungen alleine treffen zu müssen („Keiner versteht mich!“) und vor allem
3. keine Fehler mehr machen zu dürfen, auf gar keinen Fall! (Angst vor Fehlern und Fehlentscheidungen).

Die aus diesem „alten“ Muster resultierende Überforderung führt meist nicht zu einer Öffnung und zum Austausch, sondern zu innerer Anspannung und weiterer sozialen Isolation. Solange in der neuen Aufgabe nichts „losgelassen“ wird, bleibt der Kühlschrank voll mit Altem. Damit das Neue Platz hat, ist es unerlässlich, dass Führungskräfte sich von einigen Dingen, Themen und Gewohnheiten bewusst verabschieden. Die Ernennung/Beförderung ist zugleich das „Verfallsdatum“ der alten Rolle, die wie eine Haut abgestreift werden muss.
Das ist das daily dilemma für Führungskräfte:

Denn dann würden sie ja „schlecht dastehen“, ihr Image nähme Schaden und sie würden vielleicht sich und ihre Position gefährden. Sie hören auf, mit denjenigen Menschen zu reden, die bisher ihr vertrautes Umfeld waren. Sie nehmen sich gleichzeitig die „Entfernung von der Truppe“ selbst übel und werden noch einsamer. Sie scheitern daran, kritische Sachthemen in die Teams hinein „verkaufen“ oder durchsetzen zu müssen. Sie merken, dass die bisherigen Erfolgsmuster als Fachkraft (Fleiß, Genauigkeit, Verlässlichkeit, Belastbarkeit usw.) in der Führungsaufgabe nicht mehr funktionieren. Sie können sogar kontraproduktiv sein, etwa, wenn die Führungskraft weiterhin jedes Thema in der Tiefe verstehen und am besten selbst lösen will.

Die aus diesem „alten“ Muster resultierende Überforderung führt meist nicht zu einer Öffnung und zum Austausch, sondern zu innerer Anspannung und weiterer sozialen Isolation. Solange in der neuen Aufgabe nichts „losgelassen“ wird, bleibt der Kühlschrank voll mit Altem. Damit das Neue Platz hat, ist es unerlässlich, dass Führungskräfte sich von einigen Dingen, Themen und Gewohnheiten bewusst verabschieden. Die Ernennung/Beförderung ist zugleich das „Verfallsdatum“ der alten Rolle, die wie eine Haut abgestreift werden muss.
Das ist das daily dilemma für Führungskräfte:

Mehr Einfluss vs. Weniger Nähe/Vertrauen
Mehr Verantwortung vs. Weniger „Antwort“ aus der Gruppe
Mehr Stress/Druck vs. Weniger Lebensqualität und Freizeit
Mehr Geld vs. Weniger Autonomie und Freiheit
Mehr Mitarbeiter vs. Weniger (freiwillige) Mitarbeit

Die Verhaltensweisen des organisatorischen Umfelds sehen unter anderem so aus:

  • Distanzierung: „Achtung, der Chef kommt!“
  • Verschweigen: „Wenn das der Chef erfährt!“
  • Trotz und trockene Rückdelegation: „Dann soll er es doch selber machen, wenn er eh alles besser weiß!“

Und dann murmelt noch ein verdienter Sachbearbeiter an der Kaffeemaschine: „Früher war der X echt ein netter Kerl – früher! Soweit ist das (Horror)Szenario beschrieben.
Doch es muss keineswegs so kommen,

  • wenn die Führungskräfte auf ihre neuen Aufgaben gut vorbereitet werden,
  • wenn die Menschen und vor allem den Rollenwechsel verstehen, der mit einer „Beförderung“ verbunden ist,
  • wenn allen klar ist, dass „Führen“ für eine verdiente Fachkraft/SachbearbeiterIn wie eine neuer Beruf ist, der erprobt und erlern werden muss.

Neben einigen anderen Maßnahmen wie vorbereitende Seminare, Coaching oder Mentoring und eine klare, öffentliche Mandatierung durch die Geschäftsführung: Liebe Kolleginnen und Kollegen: „Ab 1. Juni ist Herr X für diese Abteilung verantwortlich. Er hat mein volles Vertrauen und ich bitte auch Sie, ihn zu unterstützen bei der Erfüllung unserer Ziele und anspruchsvollen Aufgaben in der nächsten Zeit!“

Entscheidend aber ist die Frage nach den Entscheidungen. Wie werden Entscheidungen herbeigeführt? Sind vorher die richtigen Fragen gestellt worden? Ist unterschieden worden zwischen fachlichen, management-relevanten, führungs-relevanten, finanziellen, kaufmännischen, technischen strategischen usf. Themen, die alle auf unterschiedliche Weise analysiert und „entschieden“ werden können? Ist überhaupt klar, was eine „Ent-Scheidung“ ist, wie man sie formuliert und kommuniziert?

Hier die fünf wichtigsten Tipps für den „Spurwechsel“ von der Fachkraft zur Führungskraft unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungslogik:

1. Treffen Sie eine bewusste Entscheidung für die neue Aufgabe als Führungskraft! (Haben Sie wirklich „Ja“ gemeint, als Sie Ja gesagt haben zur neuen Aufgabe?)
2. Entscheiden Sie sich dafür, mit Ihrem Team und für Ihr Team zu arbeiten – aber aus einer spezifischen Führungs-Rolle!
3. Binden Sie Ihr Team, vor allem die jeweiligen Experten, immer in die Vorbereitung von Entscheidungen ein, sofern das zeitlich möglich ist!
4. Treffen Sie Entscheidungen, mutig, klar und in dem Bewusstsein, dass Sie bisweilen korrigieren müssen.
5. Stehen Sie zu Fehlentscheidungen! Reden Sie etwas, das schiefgegangen ist, nicht „schön“!

Seien Sie also gerne der „unvollkommene“ Mensch, der Sie zuvor auch waren. Achten Sie auf klare Kommunikation aus der jeweiligen sozialen Rolle. Entscheiden Sie sich dafür, Ihr Team erfolgreich zu machen – dann macht Ihr Team auch Sie erfolgreich! Das wäre eine richtig gute Entscheidung.

So wird das Entscheidenmüssen zum Entscheidendürfen.

Kallender 03.09.2020 Autor Wernfried Hübschmann

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